Imkern

Imkerinterview mit einem Berufsimker aus dem Hunsrück

Einige Bienenstände im Garten.

Um Einblicke in die Arbeit eines Berufsimkers zu erhalten habe ich Kontakt mit der Imkerei Hunsrücker Bienenstock aufgenommen. Nachdem ich meine Fragen vorab per E-Mail schickte erklärte sich der Inhaber Herr Hans Schmahl bereit sich mit mir zu treffen und mir einen Einblick in seine Imkerarbeit zu geben. Während meiner Urlaubszeit bot sich nun endlich eine Reise in den ruhigen Hunsrück an. Die vergangenen Spätsommertage waren wunderschön sonnig. Doch ausgerechnet an dem Tag meiner Anreise regnete es plötzlich in Strömen. Meine Autofahrt führte mich über unzählige Dörfer und landwirtschaftliche Flächen in die Mittelgebirgslandschaft Hunsrück.

Relativ genau in der Mitte zwischen den Flüssen Rhein, Mosel und Nahe gelegen liegt das Dorf Lindenschied. Am Ortseingang befindet sich der Imkerhof Hunsrücker Bienenkorb mit dem schönen Hofladen. Nach einer kurzen Begrüßung setzte sich der Imker mit mir in das rustikale Metprobierzimmer, wo ich Herrn Schmahl einige allgemeine Fragen zur Imkerei stellen konnte.

  1. Allgemeine Fragen
  2. Fragen zur Bienenarbeit
  3. Bienenweiden
  4. Varroa
  5. Bienenvölker
  6. Blütenpollen
  7. Imkern in Deutschland

Teil 1: Allgemeine Fragen zur Imkerei

Wann haben sie angefangen sich für die Imkerei zu interessieren?

Ich habe 1983 mit der Imkerei angefangen. Das heißt das sind jetzt sechsunddreißig Jahre. Die Imkerei habe ich Schritt für schritt aufgebaut. Zunächst in paar jahren mit meiner frau zusammen. Wir hatten früher unsere Imkerei in Ingelheim. Das war noch relativ klein.

Dann habe ich die Imkerei ausgebaut auf fünfzig Völker. Nach meiner Meisterprüfung habe ich hier das Anwesen gesucht. Wir sind jetzt also schon einundzwanzig jahre hier an diesem Standort. Dann habe ich weiter aufgestockt, so dass ich zeitweise bis zu 150 Völker hatte. Jetzt hab ich noch ungefähr die Hälfte. Mehr schaffe ich auch nicht. Inzwischen habe ich also 70 Völker.

Einflugloch des Bienenstands
Einflugloch des Bienenstands

Dann haben Sie keine Freizeit mehr?

Ja mit den Bienen hatte ich keine Freizeit mehr. Wir haben das hier alles nebenberuflich gemacht. Die Meisterprüfung habe ich quasi als Seiteneinsteiger gemacht und die Imkerei immer nebenberuflich betrieben. Vor einem  Jahr bin ich in Rente gegangen. Fast vierzig Jahre lang habe ich als Sozialpädagoge gearbeitet.

Der Flur der Imkerei.
Der Flur der Imkerei.

Gibt es in der Umgebung noch andere Imker?

Im Hunsrück gibt eine ganze Menge Imker. Also es gibt fast wieder in jedem einzelnen Dorf einen Imker. Allerdings ist es in Deutschland so, dass die Imkerei hauptsächlich auf Hobby-Basis erfolgt. Es gibt also sehr viele Imker, die zwischen 5 und 10 Völkern betreuen. Dann gibt es noch welche, die haben ein paar mehr, also bis zu 20 Völkern. Alles was darüber hinausgeht geht sind eher die Ausnahme. Es gibt dann auch noch mittelgroße Imkerei. Also Nebenerwerbsimkereien, wozu ich mich auch zähle. Fürs Hobby zuviel und für den Beruf zuwenig. Ab 300 Völkern kann man dann von der Berufsimkerei sprechen. 

In der Größenordnung 100 Bienenvölker gibt es im Hunsrück noch so ein bis zwei Imker und eine große Menge an Hobbyimkern. Zwischen den Hobbyimkern gibt es normalerweise einen Austausch in Form von Vereinen. Beispielsweise in Simmern, in Kastelaun und in Kirchberg. Die Mitgliederzahl dürften in Simmern und Kastelaun bei ungefähr einhundert Imkern liegen. Da kann jeder beitreten, der sich für das Thema interessiert. Man muß nicht unbedingt aktiv sein, sondern kann einfaches Fördermitglied werden. Es gibt Monatsversammlungen. Man trifft sich und es werden oft Referenten eingeladen zu aktuellen Themen. Varroa usw. Für die Organisation der Berufsimker in Deutschland gibt es den deutschen Berufsimkerbund.

70 Bienenvölker ist das eine Zahl, mit der Sie gut alleine zurechtkommen?

Ja, im Prinzip habe ich bereits mit der Vermarktung einen Vollzeitjob. Selbst mit 70 Völkern müsste man eigentlich mindestens zu zweit sein. Ich könnte auch den Honig von 300 Völkern vermarkten aber das ist alleine eben nicht zu schaffen.

Im Garten und Bienenlehrpfad befinden sich zahlreiche Bienenstände.
Im Garten und Bienenlehrpfad befinden sich zahlreiche Bienenstände.

Teil 2: Fragen zur Arbeit mit den Bienen

Wandern Sie mit Ihren Bienenvölkern?

Nein, ich habe hier nur feste Stände und die fahre ich an. Hier von uns ist der Wald nur dreihundert Meter entfernt. Dort habe ich einen Stand mit ungefähr dreissig Völkern. Bei Rheinböllen habe ich auch noch einen Stand. Die anderen habe ich inzwischen leider aufgelöst. Meine Bienen bleiben das ganze Jahr an ihrem Ort.

Wie weit fliegen ihre Bienen?

Aus amerikanischen Feldversuchen weiß ich, dass die Bienen bei mangelndem Nahrungsangebot bis zu sieben Kilometer weit fliegen. Wenn das Nahrungsangebot in der Nähe vom Bienenstock vorhanden ist fliegen die aber nicht soweit.

Rastende Biene an der Tränke.
Trinkende Biene an der Bienentränke.

Haben Sie GPS-Aufzeichnungen darüber, wie weit ihre Bienen tatsächlich fliegen?

Nein, das ist zu aufwendig. Dafür habe ich hier gar keine Zeit. Im Prinzip erkenne ich das auch am Nahrungsangebot. Ich sehe was gerade blüht und ich sehe, was die Bienen an Blütenpollen heimbringen. Daran kann ich ablesen, welche Pflanze gerade angeflogen wird. Jetzt gibt es beispielsweise an den Bachläufen seit einigen Jahrzehnten die indische Balsamine. Die hat sich hier ziemlich ausgebreitet als Pflanze, die hier eigentlich nicht hingehört. In der Nähe hier geht der Kyrbach vorbei, dass ist ein größerer Bach, der schliesslich in die Nahe fliesst. Auch dort hat sich die Balsamine angesiedelt. Man erkennt sofort am weissen Puder, wenn die Bienen von dort kommen.

Die Balsamine ist eine gute Bienenweide. Auch für die Hummeln ist sie sehr lukrativ. Aber sie verdrängt gleichzeitig heimische Pflanzen.  Daher ist das mit diesen Pflanzen natürlich ein zwiespältiges Thema und sehr umstritten. Die Naturliebhaber würden sie am liebsten ausrotten. Die Imker hier sind hingegen froh, dass es sie gibt weil den Bienen im Sommer bei uns hier im Hunsrück sonst tatsächlich ein Nahrungsangebot fehlt. Das ist natürlich davon abhängig, was regional angebaut wird.

Welche Bienenrasse beheimaten Sie hier bei sich im Hunsrück?

Das ist eigentlich wie in ganz Deutschland die Carnica Biene seit ungefähr einhundert Jahren.  Früher war hier auch die schwarze Biene heimisch. Da gibt’s wohl auch noch Restbestände. Das kriegt man manchmal rein, durch die Standbegattung. Das merke ich daran, wenn die Bienen stechlustig werden. Die sind dann richtig aggressiv. Die ursprünglich heimische Rasse, die Nigra ist relativ aggressiv gewesen. Sie gilt als schwarmfreudig, aggressiv und hat wenig Honig eingebracht. Deswegen hat man hier Anfang des letzten Jahrhunderts die Carnica aus Kärnten eingeführt. Seit den 80er Jahren wird hier auch noch die Buckfastbiene gehalten. Diese Bienenrasse wurde in England gezüchtet und ist die einzige Bienenrasse die künstlich gezüchtet wurde. Alle anderen Bienen gab es früher in bestimmten  Regionen. Wie die Nigra, die hier in Mitteleuropa heimisch war. Oder die Ligustika die in Südeuropa heimisch ist. Oder die Kärntnerbiene oder die Caucasica, die im Kaukasus beheimatet ist. Die Buckfastbiene gab es früher nirgendwo. Die hat ein englischer Imker für seine Zwecke gezüchtet.

Weitere Bienenstände
Bienenstände im Garten

Teil 3: Bienenweiden

Welche Pflanzen werden von Ihren Bienen angeflogen?

Das Nahrungsangebot bei uns ist im Frühjahr groß. Im Sommer aber nicht mehr. Wie weit meine Bienen tatsächlich fliegen hängt vom jeweiligen Standort ab und davon wo ein Wald liegt. Wir haben hier auch Waldhonig, der kommt in der Regel jedes Jahr. Manchmal bleibt der aber auch aus. Dann gibt es im Sommer keine Tracht. Die Bienen suchen dann  und finden nichts, so dass ich sie früher füttern muß, damit sie nicht verhungern.

Im Frühjahr kommen hier vom Nahrungsangebot her zunächst die vielen Wildpflanzen, also alles was beispielsweise im Wald wächst. Beispielsweise die Wildkirsche, der Löwenzahn, Erl, Weide und alles was sonst noch dazugehört. Dann kommt als nächstes der Raps. Hier wird sehr viel Raps angebaut. Der Raps ist hier in der Region die Haupttracht. Wenn der Raps abgeblüht ist kommt in der Regel übergangslos der Wald an die Reihe. Manchmal ist auch eine Woche Ruhe, bevor der Wald kommt. Also nach dem Rapshonig wird der Waldhonig geerntet. Das ist hauptsächlich Tauhonig. Also Honig, der von Blattläusen erzeugt wird.

Solche ergibigen Kulturen wie den Raps gibt es hier bei uns im Sommer einfach nicht mehr. Es gibt sehr viel Getreide und außerdem wird Mais angebaut. Auch der Mais ist an für sich eine Bienenpflanze, allerdings liefert der nur Pollen und keinen Nektar. Um Honig zu ernten brauchen wir den Nektar. Pollen ist ein Eiweissangebot für die Bienen. Das ist natürlich auch sehr wichtig, weil es hier im Sommer im Hunsrück auch gar nicht soviel Pollen gibt. Die Bienen brauchen den Blütenpollen als Vorrat für den Winter.

Im Sommer sind wir hier auf den Wald angewiesen. Wenn der Wald fertig ist gibt es noch die Linde. Das ist für meine Bienen auch eine sehr wichtige Trachtpflanze. Aber hier gibt es leider nicht viele Linden. Wenn die Linden dann Mitte bis Ende Juli abgeblüht sind dann sind wir im Prinzip mit der Ernte fertig. Es gibt nichts mehr draussen. Dann fange ich an die Bienen einzuwintern. Mit der Entnahme des letzten Honigs in der zweiten Julihälfte fange ich schon an die Bienen zu füttern. Ansonsten verhungern sie.

Die letzten Jahre gibt es hier vemehrt Gründüngung. Im letzten Jahr gab es in einiger Entfernung ein Phaceliafeld. Das ist eine gute Bienen-  und Insektenweide. Aber es war sehr trocken dieses Jahr. In sehr trockenen Jahren liefern die Pflanzen natürlich weniger Nektar, weil ihnen dafür einfach das Wasser im Boden fehlt. Es gibt hier inzwischen auch Greening Programme aber das ist nicht sehr ergiebig. Hier ist es einfach oft so, dass dann das Gras gemulcht wird. Ansonsten wächst da aber nichts drin. Das ist also nicht so wie man sich das einmal theoretisch vorgestellt hat. Von diesen Greeningstreifen haben die Insekten nicht sehr viel, wenn sie nicht richtig angesät, gepflegt oder sogar gemäht werden. Da haben die Insekten dann überhaupt nichts davon.

Was wird in den Greeningstreifen hier ausgesäht? Ist das eine einfache Wildblumenmischung?

Ja, das wäre schön, wenn es so wäre. Aber das ist tatsächlich oft nur Gras. Das lässt man dann wachsen. Aber da ist dann wenig lukratives für die Insekten drin. Das ist in der Regel hauptsächlich Gras. Und das wird dann auch noch gemulcht, damit das sogenannte Unkraut nicht in die Kultur kommt. Das wird dann zu allem Überfluss oft auch noch öffentlich gefördert. Obwohl es kaum einem Insekt nützen dürfte.

Welche Pflanzenpollen werden von ihren Bienen hier im Hunsrück sonst noch gesammelt?

Das sind sehr viele. Auch ganz früh im Winter schon, wenn ein-zwei Tage Flugwetter ist auch Schneeglöckchen und Grokuse.  Richtig los geht’s mit der Erle und der Hasel. Die Frühblüher. An Sträuchern sind das hier besonders die Hasel und im Anschluss dann die Weide. Die Weide ist wie der Name vermuten lässt die wichtigste Bienenweide im Frühjahr für die Entwicklung im Bienenvolk. Die Weide liefert Pollen wie auch Nektar. Weil die Weide so immens wichtig ist steht sie auch unter Naturschutz. Man sollte deshalb auch die Kätzchen nicht abschneiden,  weil das so eine wichtige Bienenweide ist. Dies gilt nicht nur für die Bienen, sondern auch in besonderem Maß für die Hummeln. Die Hummelköniginnen sind in der Zeit eben auch schon aktiv und bauen ihre Nester.

Dann kommt der Löwenzahn mit Pollen und Nektar. Dann Wildkirchen und andere Obstbäume. Obst wird im Hunsrück nicht soviel angebaut. Das sind also hier überwiegend Obstbäume die in den Gärten stehen. Apfelbäume und Kirschbäume und Schlehe. Anschliessend kommt relativ schnell der Raps noch mit dazu. Und wenn der Raps kommt dann ist hier alles gerettet. Das ist eine Massentracht. Einmal von der Fläche und dann sondert der Raps auch noch sehr viel Nektar ab. Für die Bienen ist der Anflug sehr lukrativ. Dann lassen die alles andere liegen. Was da noch mit konkurrieren kann ist die Himbeere. Die wird aber nur in kleinem Maßstab hier angebaut. Das sind die Frühjahrspollen.

Eine Faustformel besagt, dass wenn die Wildkirsche geerntet wird die Bienenvölker dann aufsatzreif sein. Das heisst also die Bienen bekommen dann ihre Honigzargen aufgesetzt.

Ameisensäureverdunstung gegen Varroamilben

Ameisensäureverdunstung gegen Varroamilben

Teil 4: Varroa

Wie sind Ihre Erfahrungen mit Varroa?

Mitlerweile kommt jedes Jahr standardmässig die Varroabehandlung dazu. Im Prinzip macht man diesbezüglich aber das ganze Jahr irgendwelche Maßnahmen. Behandlungsmittel einsetzen kann man allerdings erst nach der letzten Honigernte. Dafür wird eben viel mit Ameisensäure gearbeitet und ansonsten im Winter, wenn die Bienen brutfrei sind nochmal behandelt. Da werden die Bienen beträufelt. Wenn die Bienen brutfrei sind kommen wir am besten an die Milben. Diese vermehren sich in der Bienenbrut.

Man versucht bestimmte Bienen zu züchten, die dann resistenter gegen Varroamilben sein sollen.

Ja, da forscht man seit zwei Jahrzehnten dran. Aber man ist meines Wissens nach noch nicht sehr viel weiter gekommen. Ich persönlich verspreche mir da auch nicht soviel von, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass dabei viel rauskommt. 

Warum glauben Sie das nicht?

Ich frage mich, wie das funktionieren soll. Das eigentliche Problem warum sich die Milbe hier so stark vermehrt ist ja hier die Verdecklungszeit. Weil unsere Bienenrassen  hier haben eine etwas längere Verdecklungszeit. Und diese Milbe die kommt ja ursprünglich aus Südostasien, wo sie seit Jahrmillionen mit der Biene zurecht kommt. Dies liegt eben an der kürzeren Entwicklungszeit oder eben Verdecklungszeit. So kann sich die Milbe gar nicht so stark vermehren. Die Bienen dort haben sich wahrscheinlich auch schon lange drauf eingestellt gegen diese Milben anzukämpfen. Das ist aber ein Prozess, der in der Evolution vielleicht in Jahrmillionen eingestellt hat. Da können wir in einer kurzen Zeitspanne wenig erreichen. Die Frage ist ausserdem wie man es schaffen will die Verdecklungszeit über die Zucht zu verkürzen ob dann nicht wieder andere Probleme auftauchen. Weil es eben einen Grund hat, dass unsere Bienen hier eine längere Verdecklungszeit haben. Man bastelt an einem Ende und merkt dann erst wie hinten etwas zusammenbricht. Deswegen verspreche ich mir von so einer einseitigen Symphtombekämpfung eben nicht sehr viel.

Mit Ameisensäure in Berührung gekommene Biene

Mit Ameisensäure in Berührung gekommene Biene

Wie wirkt sich die Varroamilbe konkret auf ihre Kolonien aus?

In den letzten beiden Jahren habe ich die Hälfte meines Bestands an die Varroamilbe verloren. Vorher als ich die vielen Völker hatte gab es kaum Verluste. Als ich alleine war und mich um alles kümmern mußte habe ich gemerkt, dass ich den Bestand nicht halten kann. Da sind mir die Bienenvölker zusammengebrochen. Man muß wirklich gut sehen wieviel Zeit man zur Verfügung hat und dann abwägen ob man das schaffen kann. Wenn ich zuviele Völker habe und die kaum selbst unterhalten kann muß ich mit hohen Verlusten rechnen. Es gibt jedes Jahr Arbeitsspitzen, an denen ich kaum hinterherkomme mit der Arbeit, wenn ich das alleine machen muß. Gerade der Juli ist aufwendig. Da muß der Honig geerntet werden, es muß gefüttert und behandelt werden. Das kommt eben alles auf einmal. Im Frühjahr bei der ersten Honigernte kommt auch viel zusammen. Das ist einmal die Ernte selbst, dann die Schwarmverhinderung, Ableger bilden und Königinnen züchten. Das bedeutet eben, dass ich in den Arbeitsspitzen mehrere Arbeiten gleichzeitig hinkriegen muß. Danach muß ich dann auch meinen Völkerbestand ausrichten.

Varroamilben auf dem Kontrollstreifen

Varroamilben auf dem Kontrollstreifen

Teil 5: Besonderheiten der Bienenvölker

Gibt es Besonderheiten bei Bienenvölkern die sie lange betreuen, gegenüber anderen Bienenvölkern? Haben Sie Unterschiede festgestellt hinsichtlich Behandlungserfolge, Resistenzen usw.

Ein Bienenvolk regeneriert sich immer. Es kommen ja neue Bienenköniginnen, neue Bienen usw. Gewisse Eigenschaften werden weitergetragen und über die Zucht beeinflusst. Zu den Eigenschaften, die am stärksten beeinflusst werden können zählen die Sanftmut, also dass die Bienen nicht so stechfreudig werden, der Sammeleifer und der Schwarmtrieb. Die Beeinflussung bestimmter Resistenzen wird auch gemacht. Das erfolgt aber eher über die Wissenschaft als auch über die Bienenzüchter. Ich mache das nicht. Imker deren Hauptstandbein die Zucht und weniger der Honigernte ist lesen bestimmte Linien aus. Das mache ich als Standimker nicht. Alle meine Völker müssen regelmäßig behandelt werden. Wenn ich das nicht machen würde würden sie kaputt gehen. Wenn die Milbenbelastung in einem Jahr nicht so hoch ist kommen sie vielleicht im nächsten Jahr noch durch und dann gehen sie in zwei Jahren kaputt. Die Milbenbelastung ist in der Regel hier sehr hoch. Aber auch das hängt von unterschiedlichen Faktoren ab.

Am stärksten hängt das davon ab, ob ein Volk geschwärmt ist oder nicht. Wenn es geschwärmt ist gab es eine Brutunterbrechung. Dann wird die Varroa also erst einmal ausgebremst. Wenn ein Volk aber keine Brutunterbrechung hat. Das ist wieder ein Nachteil von der Eindämmung des Schwarmtriebs. Der Imker will eine Biene die wenig zum Schwärmen neigt. Wenn sie das aber nicht tut brütet sie quasi das ganze Jahr durch. Und das heizt die Varroamilbe erst so richtig an. Diese Völker die nicht geschwärmt sind muss ich besonders im Auge behalten. Die muss ich schon Mitte Juli behandeln. Sonst geht das ganze Bienenvolk kaputt.

Welche besondere Erfahrung haben Sie in all den Jahren mit der Bienenarbeit gemacht?

Besondere Erfahrung? Dass die Bienen total faszinierend sind. Wenn man einmal angefangen hat sich dafür zu interessieren, dann ist das wie eine Sucht. Da bleibt man in der Regel an dem Thema dran. Sonst fasziniert mich, dass man jedes Jahr anders angehen muß, dass man mit der Natur arbeitet, die sich entwickelt und die Gegebenheiten sind jedes Jahr anders. Man muß sich jedesmal neu drauf einstellen. Die Bienen faszinieren mich einfach total. Was sie können, was sie machen, wie die Zusammenarbeiten als soziales Gefüge. Das ist für mich ein kleines Wunder. Das Bienen Honig sammeln wissen alle Leute, aber was die sonst noch machen und sammeln und wie der Wabenbau entsteht, wie der Ablauf im Bienenvolk, und wie die Arbeitsteilung ist. Beispielsweise auch beim Pollensammeln, was die Bienen für einen komplizierten anatomischen Mechanismus an den Beinen haben um den Blütenpollen einzusammeln. Die ganze Bienenbiologie, die Anatomie der Einzelbiene bis hin zum Bienenorganismus. Wie da alles ineinandergreift und funktioniert das ist der Wahnsinn. Die Evolutionsbiologie geht da von 60 Millionen Jahren aus. Wie kurz der Mensch erst auf der Erde ist. Diesen Umstand bewundere ich immer wieder aufs neue. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist natürlich der Kampf und der Ärger gegen die Varroamilbe. Da gab es schon Jahre, da hatte ich Lust aufzuhören, weil es einfach kaum noch in den Griff zu kriegen ist. Es ist auch traurig zu sehen wie die Tiere leiden. Jetzt gehen wir da mit Ameisensäure dran. Die wird als biologisches und organisches Mittel gepriesen, weil sie biologisch abgebaut wird und keine Rückstände bildet. Was es aber tatsächlich heisst bei einem Bienenvolk Ameisensäure einzusetzen, davon hat ein Aussenstehender überhaupt keine Vorstellung. Da muß man so vorsichtig dosieren und die Wirkung ist von sovielen Faktoren abhängig. Gleichzeitig leidet das Bienenvolk sehr unter der Behandlung. Es hört sich alles gut an, wenn es heisst es werden biologische Mittel eingesetzt. Für die Biene selbst ist das aber eine brutale Tortur.

Weitere Bienenstände

Weitere Bienenstände

Teil 6: Blütenpollen

Warum ernten Sie keine Blütenpollen? Gibt es dafür bei Ihnen keine Nachfrage?

Die Nachfrage ist geringer. Ich habe schon zweimal damit angefangen und habe auch die speziellen Pollensammelvorrichtungen für ein paar Kästen gekauft. 2016 habe ich da den letzten Anlauf gemacht. Davon habe ich aber aus privaten Gründen abstand genommen. Als meine Frau verstorben ist war mir das zuviel, mich darum auch noch zu kümmern. Davon abgesehen sind die zwei wichtigsten Gründe für mich einmal, dass das Pollenangebot im Hunsrück nicht so riesig und vielfältig ist, dass man da unbedarft Blütenpollen ernten könnte. Man muß schon genau schauen was gerade blüht und was an Pollen eingebracht wird um zu entscheiden ob gesammelt werden kann oder nicht. Wenn dann ginge das eher im Frühjahr. Da kommt eine Menge Rapspollen rein. Das hiesse aber ich hätte einen relativ einseitigen Blütenpollen. Wenn die Frühblüher abgeblüht sind lässt die Blütenpollenernte schon sehr nach. Im Sommer würde ich mich hier bei uns gar nicht trauen Blütenpollen zu sammeln. Denn dann würde ich die Eiweissquelle vom Bienenvolk wegnehmen, was zu schweren Verlusten bis hin zum Aussterben des Bienenvolkes führen würde. Die Eiweissversorgung ist essentiell für das Bienenvolk.

Der andere wichtige Grund ist für mich liegt in meiner eigenen Berufserfahrung. Ursprünglich kommen wir ja wie eingangs erwähnt aus Rheinhessen. Dort ist das Angebot an Blütenpollen im Frühjahr so groß und die Bienen bringen soviel Blütenpollen nachhause, dass wir ganze Waben rausnehmen mussten, weil der Blütenpollen das Brutnest eingeengt hat, so dass die Königin gar keine Eier mehr legen konnte. Im Vergleich zu dem was wir hier im Hunsrück an Blütenpollen ernten könnten war das eher das drei- bis fünffache. Solche Gegenden eignen sich dann einfach viel besser für eine Blütenpollenernte, wenn man das will.

Zusätzlich ist die Blütenpollenernte sehr aufwendig. Das ist nicht so wie mit der Honigernte. Da setzt man im Frühjahr die Honigzargen drauf und wenn sie voll sind kann man sie halt ernten. Dann werden sie geschleudert. Beim Blütenpollen müssen die Schalen jeden Tag geerntet werden, weil der Pollen die Feuchtigkeit aus der Umgebung anzieht. Wenn ich den zwei Tage liegenlasse fängt er schon an zu schimmeln. Da muß man jeden Tag rausfahren und der Pollen muß auch sofort getrocknet werden. Ein Teil der Feuchtigkeit muss sofort raus. Sonst ist der Pollen nicht lagerfähig. Das ist mit großem Zeitaufwand verbunden und deshalb ist der Blütenpollen auch relativ teuer. Bei uns ist außerdem die Nachfrage nicht so groß.

Jede Imkerei hat ihre Spezialität. Generell ist die Nachfrage nach deutschem Honig in den letzten zehn Jahren ganz enorm gestiegen. Wir haben gar keine Werbung gemacht. Die Nachfrage kam von selbst. Viele Widerverkäufer, die den Honig dann direkt weiterverkaufen und der Umsatz in meinem eigenen Hofladen hält sich in Grenzen. Da könnte ich nicht den Honig von 50 Bienenvölkern drüber verkaufen.

Großzügiges Wildbienen- und Insektenhotel

Großzügiges Wildbienen- und Insektenhotel in Nachbarschaft der Honigbienen

Teil 7: Imkerei in Deutschland

Gibt es in der Region jüngere Leute, die sich für die Imkerei interessieren?

Ja es gibt großes Interesse. Die Stadtimkerei ist in den letzten zehn Jahren in Mode gekommen. Das sind aber eher einzelne Imker bezogen auf die Gesamtimkerzahl. Auch im ländlichen Jahr gibt es Interesse. Ich habe hier in meiner Imkerei jedes Jahr zwei neue Schnupperlehrlinge. Auch dieses Jahr habe ich wieder zwei jüngere Leute die mich hier unterstützen. Die sind so Anfang 30, denn zur Imkerei kommt man in der Regel erst etwas später. Es gibt nur wenige die unter 25 Jahre alt sind. Ich selbst habe mit dem Imkern auch erst mit 28 angefangen. Erst wenn man fest im Beruf steht, eine Familie gegründet hat und dann noch etwas Luft hat fängt man an sich für die Bienen zu interessieren. Das sind dann aber auch meistens Leute, die dabeibleiben. Bei den ganz jungen Imkern unter 20 oder sogar unter 15 Jahren kommt dann noch die Pubertät und andere Interessen und dann sind die eben auch ganz schnell wieder weg von der Imkerei. Manche finden dann vielleicht später noch einmal dazu.

Der Eingang zum Bienenlehrpfad

Der Eingang zum Bienenlehrpfad

Wie sehen Sie die Gesamtentwicklung der Imkerei in Deutschland?

Es ist halt so, dass die Zahl der Imker zugenommen hat. Die Zahl der Bienenvölker aber hat abgenommen. Das gibt sehr viele Neuimker die sich erfreulicherweise für Bienen und die Natur interessieren. Häufig stellen sich diese Leute dann zwei bis drei Bienenvölker in den Garten. Das ist dann auch von der Arbeit her sehr überschaubar. Das kann man dann locker noch nebenher mitmachen. Es gibt aber wenige, die über eine bestimmte Völkerzahl von sagen wir mal zehn Völkern hinausgehen. Das fehlt dann eben auch. Hier im Hunsrück gibt es einen unglaublich guten Honig. Mir tut es jedes Jahr leid, dass der Nektar teilweise verkommt, weil die Bienen zur Ernte fehlen und das finde ich schade. Als wir hierher gezogen sind gab es viele Orte die gänzlich ohne Bienenkörbe waren. Es gab dort gar keine Imker mehr.

Beobachtungsfenster für interessierte Gäste.

Beobachtungsfenster mit Einblick in das Leben des Bienenvolks.

Wenn hier die alten Leute anfangen zu erzählen gab es vor noch nicht allzulanger Zeit in jedem Dorf mindestens einen Imker. Das waren überwiegend Kleinbetriebe und
Selbstversorger.  Davon gab es in jedem Ort meistens mehrere Imker. Das ist irgendwann weggefallen und es gab überhaupt keine Bienenhaltung mehr. Erfreulicherweise kommt das langsam wieder. Meine beiden Schnupperlehrlinge wollen das auch Hobbymässig weitermachen. Wenn ich zu meinen Bienen gehe kommen die mit mir mit und helfen ein bisschen mit und ich erkläre dann auf was es ankommt. Einer von denen ist so verrückt, der schickt mir fast jeden Tag eine E-Mail. Der war erst zweimal bei mir und hat sich schon alle Kästen fix und fertig besorgt, um gleich im Frühjahr anzufangen mit der
Imkerei. Der möchte unbedingt damit starten.

Und da habe ich schon eine Menge Tipps und Ratschläge gegeben. Also praktisch jedes Jahr habe ich da Leute, die sich für meine Arbeit interessieren. Wenn ich die ein Jahr begleitet habe kommen die auch selbst klar. Eine Imkerin hat mir einige Jahre bei der
Honigernte weitergeholfen. Die habe ich dann in der Arbeitsspitze für die Honigernte bezahlt und ich selbst konnte mich um die Völker kümmern. Sie hat hier den Honig geschleudert und ich konnte zu den Bienenständen fahren. So war es möglich die große Zahl an Bienenvölkern zu halten. Meine Frau konnte mich da nicht unterstützen, da sie aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht so mit anpacken konnte. Die hat sich dann das Jahr über um die Vermarktung und den Hofladen gekümmert.

Vielen Dank für das interessante Gespräch

Wenn Sie wollen zeige ich Ihnen noch ein bisschen was. Haben Sie schonmal eine Imkerei gesehen?

Imker Hans Schmahl mit Löwenmann Rogi

Imker Hans Schmahl mit seinem Löwenmann Rogi

Wenn Sie mehr über Herrn Schmahl und seine Bienenprodukte erfahren möchten besuchen Sie doch seinen Hofladen im Steinborn 4 in 5481 Lindenschied oder die Website der Imkerei Hunsrücker Bienenkorb: https://hunsruecker-bienenkorb.de/

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